Der FC 03

Am 1. Mai 1903 trafen sich elf junge Männer, die an diesem Tag den Fußballklub Egelsbach 1903 gründeten. Es fehlte es so ziemlich an allem, was zur „Kickerei" nötig war. Außer der Idee und nur ganz bescheidenen Regeln gab es nichts, woran man sich halten konnte. Wer wußte schon etwas von Technik und Taktik, wo hatte man je etwas von Freilaufen und Abdecken gehört, man tat mit dem Ball, was einem gerade in den Sinn kam, d.h. losrennen, bis man das runde Leder, das oft gar nicht so rund war, abgenommen bekam, und manchmal gelang sogar ein Tor.

Noch größere Schwierigkeiten gab es mit dem Spielplatz. Musste man am Anfang noch in der Kastanienallee nach Schloß Wolfsgarten unter primitivsten Verhältnissen spielen, so wurde der Spielbetrieb später auf die benachbarte „Gänsewiese" verlegt. Wer jedoch annimmt, dass es sich dabei um einen Fußballplatz heutiger Prägung handelt, der liegt völlig falsch. Nicht nur, dass die Planierung von den Fußballerbeinen übernommen wurde, es mussten zudem vor dem Spiel die Torstangen aufgebaut werden. Die Anfänge des Egelsbacher Fußballs waren also sehr bescheiden. Bei dem ersten größeren Gegner, nämlich dem Frankfurter FC 02, gab es mit zwei Niederlagen von 20:0 und 12:1 gehörige Dämpfer.

Im Jahre 1906 traten die Egelsbacher Fußballer in den „Verband Deutscher Fußballvereine" ein. Doch außer einem gut klingenden Namen hatte dieser Verband, der im übrigen nur im Frankfurter Raum verbreitet war, nicht allzuviel zu bieten, und es war kein Wunder, daß es bereits 1908 zu einer Auflösung kam. Für den Fußballklub 03 hatte dies zur Folge, dass man sich dem wirklichen Vertreter des Fußballsportes anschloss, dem „Süddeutschen Fußballverband". Der Erfolg blieb nicht aus. In den Jahren 1910-1913 erreichte die Aufwärtsentwicklung mit der Meisterschaft in der Klasse B und dem damit verbundenen Aufstieg in die zweite Fußballklasse ihren Höhepunkt.

Das größte Ereignis in dieser Zeit war jedoch die Einweihung des umzäunten Sportplatzes auf den Brühlwiesen im Jahre 1913, der lange Jahre Domizil des Egelsbacher Fußballs sein sollte. Gute Fußballer gab es in jener Zeit viele in Egelsbach. Der Krieg unterbrach so manche hoffnungsvolle Karriere. Der Spielbetrieb wurde eingestellt, und als man nach Kriegsende Bilanz bei den Fußballern zog, war so mancher, von dem man noch so viel erwartet hatte, nicht mehr zurückgekehrt. Trotzdem wurde diese Nachkriegszeit die bewegteste in der Egelsbacher Fußballgeschichte.

Nicht nur, dass der „FC 03" bald mit vier aktiven Mannschaften aufwarten konnte und eine gezielte Jugendarbeit betrieb, es gab zudem einen zweiten Fußball spielenden Verein den Turnverein 1874. Der Club spielte in jener Zeit in der 1. Klasse des Rheinbezirks und wurde mit weiten Reisen bis nach Wiesbaden, Mainz oder gar Kreuznach belastet, was nicht gerade der Spielstärke zuträglich war. Mit der Machtübernahme 1933 fanden die heimatlos gewordenen Fußballer des Turnvereins jetzt beim „FC 03" ein neues Betätigungsfeld. Mit dieser Zentralisierung begann die eigentliche Blüte der Fußball spielenden Vereinigung. Diktatorisch in die dritte Spielklasse versetzt, obwohl schlechter plazierte Mannschaften in der zweiten Klasse verbleiben durften, zeigt einmal mehr, dass politische Motive oft über den Sport triumphieren.

Die Mannschaft des „FC 03" gab darauf die einzig richtige Antwort. In einem wahren Triumphzug wurde die Meisterschaft der dritten Klasse mit einem Punktverhältnis von 47:1 und dem Torverhältnis von 142:24 geholt. Die Reservemannschaft war ähnlich erfolgreich und wurde ebenfalls souveräner Meister. Die zweite Klasse, als äußerst spielstark bekannt, bremste diesen Aufwärtstrend keineswegs, und erst im allerletzten Meisterschaftsspiel wurde die Meisterschaftsfrage zuungunsten der Egelsbacher entschieden. Mit einem Rückstand von einem Punkt wurde man Zweiter in der Schlußtabelle.

Noch erfolgreicher war die Elf im Pokal. Nachdem man Gegner aus der 3. und 2. Klasse ausgeschaltet hatte, traf man auf den Gauligavertreter Kickers Offenbach. 4000 Zuschauer wurden Zeugen einer Egelsbacher Mannschaft, die über sich selbst hinauswuchs. Die Kickers wurden mit einer 3:2-Niederlage nach Hause geschickt. Die Offenbacher suchten auf dem damals schon gefürchteten Bieberer Berg Revanche, und wieder triumphierten die Egelsbacher mit 2:1. Endstation im Pokalwettbewerb war in der 7. Runde bei der im ganzen süddeutschen Raum gefürchteten Wormatia aus Worms, wo man mit mehrfachem Ersatz antreten musste und unterlag.

Im folgenden Jahr erfolgte erneut ein Höhepunkt im Pokalwettbewerb. Diesmal war es die Frankfurter Eintracht, die in Egelsbach antreten musste. Gewarnt durch die aufsehenerregenden Erfolge des FC 03 erschien der Frankfurter Großverein mit seiner gesamten Spielerprominenz und konnte, nachdem es lange Zeit nach einem 1:1-Unentschieden ausgesehen hatte, die Egelsbacher schließlich doch noch mit 2:1 aus der Pokalrunde werfen.

Vier Jahre blieb die Mannschaft absolute Spitze, und erst 1937 erfolgte ein gewisser Rückgang, obwohl immer noch ein Mittelplatz in der 2. Klasse errungen wurde. Die Mannschaft begeisterte mit ihrem hervorragenden Spiel die Zuschauer und Fußball-Egelsbach wurde weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus bekannt. Alle Spieler blieben ihrer Heimatgemeinde treu, obwohl manch verlockendes Angebot von den großen Frankfurter und Offenbacher Vereinen auf sie zukam.

Stagnation, mitunter Resignation kennzeichneten die Kriegsjahre. Wurde am Anfang noch in einer Kriegsrunde gespielt und zeitweise mit den Nachbarn Langen und Erzhausen wegen Spielermangels eine Mannschaft gebildet, um den Spielverkehr überhaupt aufrecht zu erhalten, so kam der Spielbetrieb, je länger die Jahre des Wahnsinns dauerten, immer mehr zum Erliegen, bis schließlich keine Möglichkeit mehr war, dem geliebten Fußballsport zu frönen. Lediglich Jugendund Schülermannschaften konnten dem runden Leder noch nachjagen, und jetzt zeigte sich, wie wertvoll die Jugendarbeit war.

Mit dem Zusammenschluß der sporttreibenden Vereine zur Sportgemeinschaft Egelsbach wurde der FC 03 Egelsbach eine Abteilung in der SG Egelsbach.